„Vergleich Steiner Ranger Xtreme 8x56 vs. Docter 8x58 B/CF vs. Docter 8x56 HD/B vs. älteres Swarovski SLC 8x56 B
Ziel: Suche nach einem Fernglas für den jagdlichen Einsatz, das auch in der Dämmerung noch brauchbar ist.
Bild: Größenvergleich, im Vordergrund eine .308 Patrone
N.B.: Man sollte sich nicht von den optischen Werten wie Dämmerungszahl etc. täuschen lassen, rein mathematische Rechengrößen verzerren oft den tatsächlichen Seheindruck. Weiterhin ist es wie mit einer Büchse oder Flinte: das Fernglas muss einem liegen. Da können die optischen Werte noch so gut sein, wenn es nicht mit dem eigenen Nutzungsverhalten oder der eigenen Kopfform/Augenhöhlenform sowie dem individuellen Sehrverhalten harmoniert, taugt es nicht. Ein präziser F-Class-Einzellader für 1000m ist jagdlich i. d. R. nicht zu gebrauchen, Gleiches gilt für Jagdgläser, wenn die optischen Werte auch noch so überzeugend sind - das Glas muss im eigenen Jagdalltag überzeugen.
Fazit für den eiligen Leser (ausführliche Details gibt es unten):
Jagdlich bildet Steiner mit dem "8x56 Ranger xtreme 8x56" den für mich besten Kompromiss. Auch wenn die Optik bauartbedingt nicht an die von Docter und Swarovski heranreicht, ist das Steiner als Dämmerungsglas mit Universalqualitäten unschlagbar: kompakt, leichter als der Rest, großes Sehfeld, gute Ausstattung bzgl. Okular- und Objektivschutz, unheimlich griffig und robust. Sauber verarbeitet. Preis-Leistung ist ebenfalls hervorragend. Als reines Ansitz- oder Nachtglas würde ich es jedoch nicht empfehlen, da die Lichttransmission hinter Swarovski und Docter liegt.
Zweiter Sieger: Docter 8x56 ED/OH. Hätte es nicht das leidige Problem mit der Gummiarmierung, könnte es dem Steiner den ersten Platz streitig machen. Schwerer, aber auch optisch besser ist es mehr Dämmerungs- als Universalglas. Nicht, dass man am Tage nicht auch seine Freude daran hätte, aber jagdlich auf der Pirsch erachte ich es einfach als zu groß. Das Steiner ginge gerade noch (besser wäre, aber das weiß jeder Jäger selbst, ein 8x36 bzw. 8/10x42).
Dritter Platz: Docter 8x58 B/CF. Tolle Optik, schwer, ergonomische Mängel in der Bedienung. Als reines Nacht- und Ansitzglas sehr interessant, da optisch top mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis.
Ohne Wertung: Das alte Swarovski SLC 8x56 B, würde ich auch gebraucht nicht als Kauf empfehlen. Optisch gut, aber nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit, Langzeit-Qualität gerade ausreichend. Preis-Leistung ungenügend.
Alternativ zu Swarovski käme noch Zeiss in Frage, aber hier verlassen wir, wie schon beim Swarovski, die Schallmauer von 1000 EUR. Für liquide Jagdfreunde bietet aktuell Zeiss meines Erachtens die bessere Leistung im Vergleich zu Swarovski, insbesondere hinsichtlich Qualität und Service (aus eigener Erfahrung).
Anmerkungen pro Glas:
1. Docter 8x58 B/CF:
+ Optisch top durch die Verwendung von Abbe-König-Prismen, die aufgrund der Totalreflexion eine extrem hohe Lichttransmission garantieren. Über Details bzgl. Farbsäume (chrom. Aberration etc.), Randverzerrung, Coma etc. kann man fachsimpeln, mein subjektiver Gesamteindruck sieht das Docter 8x58 B/CF noch vor dem Steiner xtreme und dem über 15 Jahre alten Swarovski SLC 8x56 B. Docter hat hier definitiv ein sehr hochwertiges optisches System verbaut, das sich mit Swarovski mehr als messen kann. Kontrast und Farbtreue sind angenehm neutral, nicht zu kalt, aber auch nicht zu warm wie beim Swarovski, das einen wärmeren grün-gelblichen Farbeindruck hinterlässt. Leichte Kissenverzerrung, aber nicht störend, auf alle Fälle nicht schlechter als beim Swarovski, besser korrigiert als das Steiner xtreme 8x56.
+ Sehr guter Nahfokus, ca. 2 bis 2,5 m.
+ Verarbeitung top: kein Knarzen, die Gummiarmierung sitzt fest und ist ohne Makel. Die Drehaugenmuscheln lassen sich in vier Stufen gut rastbar ausfahren. Die Einstellung auf den Augenabstand (Abstand zw. linkem und rechtem Auge) ist angenehm straff, aber nicht zu fest. Ein versehentliches Verstellen ist so ausgeschlossen.
Negativ finde ich folgende Punkte:
- Die Dioptrieneinstellung befindet sich zentral hinter dem Fokussierrad, ist viel zu leichtgängig und kann nicht arretiert werden. Zudem besitzt der Dioptrienausgleich eine Haltenase, die das schmale Rad besser greifbar machen soll. Dies führt jedoch zwangsläufig dazu, dass beim normalen Fokussieren mit der größeren Fokussierwalze häufig das Dioptrienrädchen mitverstellt wird. Bei der Benutzung mit Handschuhen (Test im Frühling) passierte es mir mehrmals. Im Winter mit dicken Handschuhen dürfte es noch häufiger vorkommen. Die zentrale Fokussierwalze ist sehr tief in der Brücke eingelassen und schlecht greifbar, die Riffelung nicht sehr ausgeprägt und ragt nicht weit genug über die Brücke hinaus. Das Fokussieren ist meines Erachtens auch etwas zu zäh, was die Beobachtungsfreude beim Wechsel zwischen unterschiedlichen Distanzen schmälert.
- Persönlich finde ich die Augenmuscheln ungünstig gestaltet. Sie sind zwar schön groß, verlaufen aber zum äußeren Rand hin aufsteigend und bilden damit einen Druckring. Da das Fernglas recht schwer ist, drücken die Okularmuscheln (auch bei richtiger Einstellung) und schmerzen nach einiger Zeit. Die Augenmuscheln sind durch die Konstruktion, dass sie nach außen hin höher werden, einfach zu groß (für mich). Das macht Swarovski und Steiner besser s.u.
- Das Gewicht ist sehr hoch, eine folge des hervorragenden Abbe-König-Systems. Das Docter 8x58 B/CF wiegt selbst gemessen ohne Zubehör 1470 Gramm, also knapp 1.5 Kilo. Freihändig wird das schnell zur Zitterpartie, aufgestützt als Ansitzglas jedoch gut beherrschbar, wenn da nicht der Druck auf die oberen Wangen durch die Okulare wäre.- Die mitgelieferte Ausstattung beim Docter 8x58 ist bescheiden, um es kurz zu sagen: traurig. Die Objektivschutzkappen bestehen aus runden Deckeln, die man im jagdlichen Einsatz besser als Anschussscheibe verwendet, denn verlieren wird man die Dinger früher oder später garantiert, insbesondere im Dunkeln. Das macht Steiner am besten von allen Gläsern, die Kappen sind fest mit dem Gehäuse verbunden, können aber auch abgenommen werden. Der Okularschutz bei beiden Docter-Ferngläsern erfüllt seinen Zweck, bedeckt zugleich beide Okulare, ist aus relativ weichem Gummi gefertigt und lässt sich gut abnehmen/aufsetzen. Steiner hat einen besseren Einzelokularschutz, der besser schützt, aber beim Aufsetzen mehr Feingefühl und damit Zeit verlangt. Ein Neopren-Trageriemen ist beim Docter 8x58 B/CF dabei, meines Erachtens aber für ein so schweres Glas zu schmal. Hier sollte man auf einen sog. Air-Cell-Trageriemen ausweichen, damit das Gewicht nicht allzu sehr beim Tragen zieht. Letztlich liegt noch ein Reinigungstuch in einem kleinen wiederverwendbaren Beutel bei, gut bzw. besser als bei den Konkurrenten, die das Tuch in ein dünnes Einweg-Plastik-Tütchen verpacken. Denn nach dem Benutzen des Reinigungstuches fragt man sich: wohin mit dem Tuch. Eine Tragetasche oder Schutztasche fehlt gänzlich. Weil für so große Ferngläser wohl keine Tragetasche bei Docter aufzutreiben war, denn, und damit komme ich zum vorletzten Kritikpunkt.
- Das Glas ist nicht groß, sondern einfach nur größer als alles was ich bisher in den Händen hielt. Selbst gemessen mit eingefahrenen Augenmuscheln: 23 cm.
2. Docter 8x56 ED/OH
+ Die Optik ist wiederum Spitzenklasse. Als Nachfolgemodell des 8x58 hat das 8x56 ED/OH ebenfalls Abbe-König-Prismen verbaut. Ein Garant für hohe Transmission in der Nacht. Es gelten die gleichen Anmerkungen zur Optik wie für das 8x58 B/CF. Docter braucht sich hier nicht hinter den Premiumherstellern zu verstecken. Farbsäume sind durch das ED-Glas noch geringer. Persönlich finde ich das 8x56 ED/OH etwas angenehmer beim Beobachten, zumal es erstens ein größeres Gesichtsfeld aufweist, zweitens für mich etwas angenehmere Augenmuscheln hat (aber immer noch nicht optimal) und drittens, weil es aufgrund des geringeren Gewichts und der offenen Brücke mit Durchgriff besser zu halten ist. Das wirkt sich auf das freihändige Beobachten einfach aus.
+ Es liegt eine Tragetasche bei, kein Hardcase, aber immerhin ein Transportbehältnis.
+ Die Brücke mit Durchgriff sorgt für entspanntes Halten, auch mit einer Hand kann man immer noch gut das Fernglas führen.
Neutral:
o Geringeres Gewicht (selbst gewogen: 1395) als das Docter 8x58 B/CF; und ja man merkt es gegenüber dem 8x58 B/CF. Nicht gleich, aber beim Halten nach kurzer Zeit macht es sich bemerkbar.
o Dioptrienausgleich ist direkt am rechten Okular, nicht zentral und damit auch nicht mehr innenkorrigiert (finde ich schlecht, da das Okular bei der Dioptrienkorrektur leicht raus- oder reingedreht wird und somit im Vergleich zum linken Okular einen etwas anderen Augenabstand zur Augenlinse hat), aber es lässt sich nicht mehr so leicht verstellen, wie beim 8x58 B/CF. Der Dioptrienring kann leider nicht arretiert werden, ist aber schwergängig genug, um ein versehentliches Verstellen zu verhindern.
Negativ:
- Die Okularschutzkappen sind identisch mit denen des 8x58 B/CF. Es gilt oben Gesagtes.
- Die Okulare sind zweifach herausdrehbar, hier wäre eine feinere Rasterung sinnvoll gewesen. Sie sind etwas angenehmer als vom 8x58 B/CF aber weisen immer noch den gleichen Designfehler auf, u. z. nach außen hin spitzer werdend, sodass sie sich effektiv vergrößern. Beim Swarovski verjüngen sie sich nach innen, sodass die Okulare viel besser in die Augenhöhlen passen (kein Brillenträger); Steiner sitzt mit den klobig erscheinenden, gummiarmierten Augenmuscheln jedoch am angenehmsten und druckfreisten in den Augenhöhlen.
- Die Fokussierwalze ist sehr nahe zum Gesicht hin gesetzt, hätte man besser lösen können. An die Position kann man sich jedoch gewöhnen. Aber: viel zu, viel zu viel zu leichtgängig und auch nicht gleichmäßig leichtgängig. Es fühlt sich leider billig an, auch wenn es vielleicht ganz gut funktioniert und hält. Geschmeidig und leichtgängig geht anders. Schade.
- Größter Negativpunkt (vielleicht nur bei meinem Modell, aber ich kann nur das bewerten, was ankommt): die Gummiarmierung ist zwar griffig, aber nicht gut angeklebt. In der Durchgriffsbrücke scheint der Kleber nicht mehr gereicht zu haben und man hat das Gefühl, beim Halten, dass sich die Hülle leicht verschiebt bzw. das sich Luft unter der Armierung befindet. Diese Schlampigkeit mindert den sonst sehr guten Eindruck enorm, es fühlt sich billig verarbeitet an (und für mich der Grund dieses Glas zu retournieren). Wenn im Winter oder Regen dann nach Wasser seinen Weg unter die Gummiarmierung findet, es gar noch friert, oder mal ins Wasser fällt, dann ist hier ein Leck vorprogrammiert. Vielleicht schickt mir Frankonia ein anderes Modell zum Prüfen, oder schaut sich selbst mehrere Geräte an, vielleicht ein Fertigungsproblem bei Docter?
3. Steiner Ranger xtreme 8x56
Positiv:
+ Haptik und Ergonomie sind einfach unschlagbar. Das Fernglas ist kompakt, hat eine griffige, ölresistente Gummiarmierung. Da wackelt nichts, keine Luft unter der Armierung wie beim Docter 8x56. Solide gebaut. Hier hat man keine Angst, wenn beim Aufbaumen das Glas mal irgendwo gegenschlägt.+ Augenmuscheln haben keine Rasterung sind aber durch die weiche Armierung und den Seitenblendschutz sehr angenehm beim Beobachten. Kein Drücken, das macht richtig Freude.
+ Großes Sehfeld, ähnlich wie beim Docter 8x56 ED/OH.
+ Der Objektivschutz ist vorbildlich, kann nicht verlorengehen, ist aber auch abnehmbar, so denn man das Glas lieber ohne Kappen in einer Tasche transportiert.
+ Gewicht: 1130 Gramm, leichter und kompakter als Docter und Swarovski.
Neutral:
o Die optische Leistung in der Dämmerung reicht nicht an die von Docter heran. Steiner verwendet die kürzere Schmidt-Pechan-Prismenbauweise, bauartbedingt können nicht die gleichen guten optischen Werte erzielt werden wie bei Abbe-König-Prismen.
o Die Okularschutzkappe schützt jedes Okular sehr passgenau, man benötigt aber Feingefühl und Zeit, um sie aufzusetzen, da die seitlichen Lichtblenden exakt in die Okularschutzkappen geschoben werden müssen. Etwas friemelig.
4. Swarovski SLC 8x56 B (ca. 15 Jahre alt)
+ Die Optik ist gut, subjektiv würde ich sie nicht besser einschätzen als die beiden Docter-Modelle. Die Farben sind mir persönlich etwas zu warm, grün-gelbstichig. Man muss aber berücksichtigen, dass das Glas ca. 15 Jahre alt ist. Die optische Konstruktion dürfte weit älter sein.
+ Angenehm großer Augenabstand (Okular zu Auge), beim eiligen Blick durch das Glas erfasst man schnell das Ziel. Ich habe den Eindruck, dass man Docter und Steiner genauer und näher ansetzen muss (kürzer Augenabstand). Durch die weit herausdrehbaren Augenmuscheln ist der große Augenabstand nicht nachteilig, für Brillenträger sogar von Vorteil.
+ Die Augenmuscheln sind ergonomisch gut, obwohl nicht weich gummiarmiert wie beim Steiner, passen sie hervorragend in die Augenhöhlen, sorgen für guten Sitz und drücken nicht unangenehm. Nachteilig ist, dass die Swarovski-Drehaugenmuscheln keine Rasten aufweisen.
- Die Verarbeitung ist entgegen der Werbeversprechen nicht dem Preis angemessen. Das Fernglas war schon zweimal beim Swarovski-Service: einmal hat sich im Winter eine Augenmuschel nicht mehr drehen lassen (nein nicht festgefroren), beim zweiten Mal war ein Guss- oder Plastikteil zur Innenfokussierung im inneren des Tubus abgebrochen (ohne Sturz, es passierte einfach beim normalen Fokussieren). Ich bin nicht von der Swarovski-Qualität überzeugt, die optische Leistung von damals ist heute in der Mittelklasse angekommen. Ein älteres Steiner Porro-Glas hat mehr als 30 Jahre auf dem Buckel und bisher noch keine Probleme bereitet und wurde jagdlich häufiger geführt und weit mehr strapaziert.
Das Swarovski SLC 8x56 B soll mehr oder weniger als ein altes Referenzmodell dienen, um den optischen Fortschritt aufzuzeigen, der im mittleren Preissegment gemacht worden ist. Die neuere Swarovski-Generation ist gewiss weiterentwickelt und hat vielleicht in optischer Hinsicht auch die Nase wieder leicht vorn. Die Swarovski-Langzeitqualität hat mich jedoch enttäuscht. Swarovski-Fazit: nur weil etwas drei- bis viermal so teuer ist, ist es noch lange nicht besser.“