Bereits seit 2020 reifte in uns die Idee, der Natur ein Stück zurückzugeben und Rehkitze vor dem sinnlosen Tod durch die Mahd zu retten. Wir – das sind der technikaffine Jäger und die empathische Tierärztin. Völlig unabhängig von Förderprogrammen, Unterstützung durch Jäger- oder Landwirtschaft haben wir zunächst viel gelesen, gezweifelt, die Idee verworfen und doch immer wieder aufgegriffen, denn das Thema lag uns am Herzen und ließ uns einfach nicht mehr los. Und mal ehrlich: einmal den Kofferraum geöffnet, befindet sich ein Wert von fast 5000€ darin – da braucht es schon ein bisschen Mut und eine Portion Verrücktheit, ein solches Projekt zu starten! Nach dem Vorbild der Schweizer Rehkitzretter haben also wir eine Drohne (DJI Mavic Pro) und separat eine Wärmebildkamera (FLIR Boson 320), sowie gefühlte Millionen weiterer Zubehörteile (u.a. Sendeeinheit und Monitor für das Wärmebild, Stativ, Flugakkus, Zusatzakkus für die Wärmebildkamera, Blei-Akku zum mobilen Aufladen der Flugakkus) gekauft, den Pilotenschein erworben und dann hieß es üben, üben, üben. Wir haben zunächst unsere Pferde, dann unsere Hunde und schließlich in einer Wiese versteckte Wasserflaschen dargestellt, tausendundeine Einstellung geändert und angepasst, bevor es in der Mahd-Saison 2021 zum ersten Mal an eine Wiese und damit an die Kitze ging. Hierbei muss der Wegpunktflug sicher beherrscht und die Schläge nach Möglichkeit vorab kartografisch angelegt werden (wir nutzen hierfür den UAV-Editor). Eine weitere, spannende Frage stellt sich, sobald ein kleiner, schwarzer Punkt zwischen den „fifty shades of grey“ auf dem Display erscheint: Kitz, Hase, Fasan oder doch nur Maulwurfshügel? Und schließlich: Kitz gefunden und wie weiter? Sichern oder raustragen? Wir haben uns für das Raustragen entschieden, wenn eine weitere geeignete Wiese, auf der man das Kitz sicher absetzen kann, zur Verfügung stand. Zur Grundausstattung des Bodenteams gehören Funkgeräte, Wathosen, Handschuhe (Einmal- oder – der Natur zuliebe – z.B. Spülhandschuhe, die ausschließlich hier zum Einsatz kommen und nur innen berührt werden) und gut belüftete, aber sicher verschließbare Kisten (z.B. Tiertransportboxen mit Klappdeckel), denn nicht jedes Kitz weiß so eine Taxifahrt zu schätzen. Schließlich hat unsere Drohne 2021 auf 224 ha mehr als 120 Flugkilometer zurückgelegt und wir konnten 35 Kitzen das Leben retten. Die Saison 2022 ist bereits in vollem Gange und bisher haben wir 39 Kitze und 3 Hasen aus den Wiesen getragen oder getrieben. Bei jedem Einsatz stehen uns engagierte Jäger, Landwirte und auch Tierfreunde helfend zur Seite und die kleinen, gepunkteten und unfassbar gut versteckten Wunder haben noch jeden in ihren Bann gezogen und verzaubert. Eine gute Zusammenarbeit mit den mähenden (Lohn-)Unternehmen ist dabei essentiell, damit die Mahd zeitnah nach dem Flug startet. Unsere Einsätze haben gezeigt, dass auch ein vorabendliches Abgehen der Wiesen mit einem Hund, sowie Stangen mit Flatterbändern und Co. hartgesottene Ricken nicht davon abhalten, ihren Nachwuchs über Nacht wieder in die Wiese zu führen. Natürlich ist auch unser Einsatz nicht fehlerfrei und die Technik durch das Wetter limitiert. Doch so schwer das Aufstehen kurz nach dem Einschlafen fällt: die herrlichen Sonnenaufgänge, die ruhigen Stunden an einem Frühlingsmorgen in der Natur, die vielen Tiere, die man sieht, die freundlichen Menschen, die man kennenlernt, die Geschichten, die man gemeinsam erlebt und natürlich das unbeschreibliche Gefühl, wenn wieder ein Kitz gesichert ist – all das ist jede Mühe wert. Und wer kann von sich denn schon behaupten, bereits vor dem Frühstück sein Schrittziel erreicht, ein straffes Bauch-Beine-Po-Training absolviert und Wassertreten nach Kneipp genossen zu haben???