55 kg - Überläufer mit Vorderlaufschuss
Als Schweißhundeführerin erlebe ich immer wieder spannende Momente und es gibt für mich kein größeres Glück, als nach etlichen Kilometern anstrengender Suche neben einem erlegtem Stück und einem danebenliegenden, kaputten Hund zu stehen.
Nach einer Drückjagd ging es für mich und meinen Schwarzwälder Schweißhund "Klemens" wie immer erst los.
Es war ein Überläufer beschossen, das Wetter war grandios, es lag etwas Schnee und die Sonne schien. Am Anschuss gab es nicht viel zu finden, denn dort war viel vertrampelt. So ließ ich den Hund vorsuchen und er fielzügig die Fährte an. Im Verlauf konnte ich feststellen, dass es ein tiefer Vorderlaufschuss war - die Sau setzte das fast abgetrennte Gelenk immer mal wieder auf. So ging es über 7 km durch den Wald, durch Gräben, über Straßen und durch viel Naturverjüngung. Ich machte halt und forderte zu meinem mich begleitenden Schützen noch Verstärkung an, denn vor uns lag ein Stück Wald mit viel Unterstand, Brombeere und Fichtenkusseln. Klemens zeigte mir, das die Sau schon seit längerem vor uns weg zog. Nach diesem Stück Wald würden wir wieder ins freie Feld in Richtung Dorf kommen. So bezogen 4 Schützen leise Stellung am Waldrand. Sie wussten alle, dass ich den Hund bei der nächsten Bestätigung schnallen würde. Dann ging es los: Nachdem Klemens mir wieder etwas Schweiß verwiesen hatte, nahm ich ihn aus dem Riemen und er zischte davon. Kurze Zeit später hörten wir seinen tiefen Laut. (Immer wenn ich seinen Laut höre, stellen sich bei mir alle Haare auf, denn er klingt so tief und vertraut und ich weiß, dass er mich dazu auffordert, ihm zu "helfen"). Laut Garmin ging die Hatz über 1 km in Richtung Dorf. Ich musste so schnell wie möglich hinter ihm her und als ich aus dem Wald herauskam, konnte ich seinen wunderbaren Laut auch wieder hören. Die Vorstehschützen hatten keine Chance, denn die Sau war durch einen schmalen, langen Ausläufer des Waldes direkt auf eine Siedlung gezogen und der Hund war direkt dahinter.
Am Ende des langen Ausläufers war ein verlassenes Kleinod mit Wasser, Schilf, umgestürzten Bäumen und wenig Sicht. Ich kletterte die Böschung hinunter und schlich leise immer näher an den mittlerweile wütend lautgebenden Hund, der die Sau im dichten Schilf gestellt hatte. Ich musste mich durch viel Matsch und Wasser kämpfen, um irgendwie einen Fangschuss anbringen zu können. Plötzlich hatte ich eine kleine Lücke, gab einen Schuss ab und hörte nur noch, wie mein Schwarzwälder die Sau beutelte und grummelte.
Wir bargen die Sau unter einiger Anstrengung aus dem Gelände, verluden sie auf einem Heckträger eine normalen PKWs, der es gewagt hatte, bei Frost über einen Acker zu fahren und dabei einige Male aufzusetzen. Der Schuss saß am rechten Vorderlauf. Das Gelenk war soweit abgetrennt, dass der "Stumpen" hin- und hergeklappt werden konnte. Was für ein Glück, dass wir diese Sau erlöst hatten.
Ich nahm meinen Hund mit in den Fußraum des Beifahrersitzes, damit wir die mittlerweile knapp 9 km zu unserem Auto gebracht werden konnten. Mein riesiger Klemens (er hat ein Stockmaß von 73cm und ein Gewicht von 48 kg) quetschte sich zwischen meine Beine und als die Autotür gerade zugefallen war, lag sein Kopf auch schon auf meinem Schoß und er war tief uns fest eingeschlafen.
