Manchmal braucht es nur eine Person, die die Initiative ergreift
Nicht immer sind es die Erfahrendsten, die best Ausgebildetsten, die Ältesten, oder die Bekanntesten - die es für eine Aufgabe braucht.
Noch während meinem Weg zur Jagdscheinprüfung hat mich der tausendfache Mähtod der Kitze im Frühjahr gepackt und nicht mehr losgelassen. Wie konnte es sein, dass in unserer hochtechnisierten Welt während die Jugend am Freitag für die Umwelt protestieren, vor unserer Haustüre hunderttausende zuckersüße Tiere ein elendiges Ende finden?!
Eine Recherche im Internet und Nachfrage im Landkreis ergab folgendes Bild: die einzelnen Revierpächter taten ihr bestes mit den klassischen Methoden (Hund, Kitzretter, etc.) die Flächen vor der Mahd abzusuchen. In vielen Fällen bekamen sie aber zu spät von den Landwirten bescheid, oder es wurde trotz aller Maßnahmen doch noch ein Kitz vermäht. Nur sehr wenige Pächter hatten eine eigene Wärmebilddrohne, und nur eine Person flog damit auch ausserhalb einzelner Reviergrenzen.
Daraufhin habe ich die Kreisgruppe der Jäger kontaktiert, ab man nicht Interesse hätte gemeinsam an einer besseren Organisationsform zu dem Thema im Landkreis zu arbeiten. So durfte ich schon vor der Prüfung unseren Vorstand kennenlernen - welcher mir die Komplexität der Beziehungen zwischen Land-, Forstwirten, Vogelschützern und Jägern nochmal erklärte, aber grundsätzlich offen für Vorschläge war. Wir haben eine Sitzung im Verein einberufen, und das Interesse war gross. Über kurz oder lang, habe ich dann den Förderantrag für 2 Wärmebilddrohnen ausgefüllt, und der Vorstandsvorsitzende hat ihn unterschrieben und abgeschickt. Schwupps - wir hatten Drohnen!
Nun ging die Organisation los und weitere Freiwillige wurden gesucht. Und es kamen wirklich welche: von einer jagenden Rentnerin, bis hin zu 3 frisch gebackenen Jungjägern - ein kleines Team hat sich langsam gefunden. Und ich kann an dieser Stelle nur sagen: welch einen besseren Weg als Jungwildrettung gibt es eigentlich, um als Jungjäger viele Pächter und Reviere kennenzulernen? Um von vielen erfahrenen Jägern zu hören und zu lernen?
Wir haben durch gezieltes Nachfragen von einigen schon erfahreneren Kitzrettungsteams aus der Region gelernt, und nach mehreren Trainingseinheiten, ging es Ende April 2022 los! Zum Glück waren in den ersten Wiesen anfang der Saison noch kaum Kitze - denn wir waren noch blutunerfahren. Aber mit jedem Einsatz, haben wir dazugelernt und durften an einem Tag sogar 11 Kitze mit nur einer Drohne und 2 Helfern bergen. Insgesamt sind wir bis Juni über 40 mal unterwegs gewesen, und haben an vielen Tagen etliche Flächen abfliegen dürfen. Es sind auch fast 40 Kitze dabei vor dem Tod bewahrt worden. Inzwischen fliegen wir mit 4 Drohnen und sind 12 Piloten. Das kostenlose Angebot spricht sich schnell herum, und dieses Jahr wird die große Herausforderung vermutlich eine Überforderung mit Anfragen sein.
Und all das nur, weil ein unbekannter und unerfahrener Anwärter des grünen Rockes gesagt hat: wenn es keiner macht, mache ich es und ergreife die Initiative. Damit will ich mich nicht rühmen, sondern dazu motivieren das gleiche zu tun: es braucht nur einen Funktion Wille und Einsatzbereitschaft - und schon kommen auch andere geniale Leute mit ins Boot. Man sagt immer: das Ehrenamt in Deutschland leidet. Ich kann nur sagen: dann lasst uns das ändern! Kitzrettung spricht jede Altersgruppe und sogar Jagdfeinde mit an…
Mein schönstes Waidmannsheil im Mai ist kein sauber erlegter Bock, sondern ein gerade noch gerettetes Kitz!
