Mein erster Bock
Insbesondere weil ich mich der Erkenntnis ergeben muss, dass mein Gedächtnis mich öfter im Stich lässt als mir lieb ist, wundert es mich, dass mir so viele, auch länger zurückliegende Jagderlebnisse, doch noch im Detail so präsent vor Augen stehen. So erinnere ich mich beispielsweise auch noch allzu gut an fast jedes Detail wie ich zu meinen ersten Bock im Mai 2017 gekommen bin.
Der Gemeinschaftsansitz am 1. Mai im mittelhessischen Revier war begleitet von schönem Wetter und reichlich Anblick…allerdings waren es ausschließlich Füchse und Ricken, die sich bei mir sehen ließen. Vermutlich weil meine Strecke in dem Revier bis dahin sehr überschaubar war, hatte der Beständer Mitleid mit mir und gab mir beim anschließenden Grillen einen Tipp, wo ich mich ansetzen solle, um auch noch zu meinem Maibock zu kommen.
Nur wenige Tage später hatte ich abermals Gelegenheit mein Glück zu versuchen und setzte mich an den empfohlenen Ort. Der mobile Ansitz befand sich mitten auf einer großen Wiese, die nach allen Seiten durch eingezäunte Weideflächen und Felder begrenzt war. Schon beim Angehen konnte ich in weiter Ferne -es mögen 400 Meter und mehr gewesen sein- ein Sprung Rehe ausmachen. Bereits jetzt war meine Pulsfrequenz erhöht und akutes Jagdfieber ausgebrochen.
Ich behielt den Sprung aus meiner geschlossenen Ansitzeinrichtung mit meinem Fernglas stets im Auge und es dauerte auch nicht lange, da konnte ich einen Bock ausmachen, der bei dem Sprung stand und auf den ich mich fortan konzentrierte. Aufgrund der großen Entfernung und vielleicht auch mangels Erfahrung war es mir aber zunächst nicht möglich mit meinem 8x56er Fernglas das Alter des Stücks oder die Trophäe einzuschätzen. Der Bock ließ schnell blicken worauf er aus war: Er fing an eine Ricke zu treiben, die sich kreuz und quer -bald näher an der Ansitzeinrichtung bald wieder ferner- vor seinen Avancen in Sicherheit zu bringen versuchte. Mein Puls schlug hoch und ich hoffte sehr, dass die Ricke sich dazu entscheiden mag den Bock auf Schussdistanz zu bringen. Irgendwann war es dann tatsächlich so weit und die Ricke lief immer näher an die Kanzel heran und mir blieb nur zu hoffen, dass der Knabe noch genug Luft und Trieb in ich trägt ihrer Spur zu folgen. Dies tat er dann auch endlich und ich brachte meine Büchse in Anschlag, allerdings war es mir absolut nicht möglich das Blatt sicher in die Mitte des Absehens zu bekommen….zu stark pumpte das Herz, das zu viel Adrenalin durch meine Venen beförderte. Mir blieb nichts Anderes übrig, als die Büchse abzusetzen, die Augen zu schließen und tief durchzuatmen und dabei nicht allzu sehr daran zu denken, dass diese Pause gut und gerne dazu führen mag, dass es auch dieses Mal mit dem Maibock nichts wird. Als ich es endlich geschafft habe meinen Puls herunterzubringen zog die Ricke zurück Richtung Sprung, der nach wie vor weit außerhalb der Schussdistanz äste. Mir war klar, dass dies nur bedeuten konnte ‚jetzt oder nie‘ – die Entfernung betrug ca. 160m (bei meiner Munition etwas unter GEE)…...der Bock stand breit und der Schuss löste sich. Zu meiner Erleichterung lag der Bock unmittelbar am Platz und der Schuss saß perfekt.
Es handelte sich um einen alten, ca. 7-jährigen Bock mit einem zurückgesetzten Gehörn mit zwei starken Stangen und geringer Auslage.
Der informierte Beständer wurde informiert und kam sofort ins Revier, um mir zu meinem ersten Bock ein Waidmannsheil zu wünschen.
