Kitzrettung: Dicker, grüner Mann rennt mit Kescher über die Wiese...
... das wird doch wohl kein Jäger sein?
Für die Jagd interessiere ich mich seit einigen Jahren. Dabei begeistert mich vor allem die Vielfältigkeit dieser Tätigkeit. Jagen ist für mich weit mehr als aufbaumen, Finger krümmen, abbaumen und nach Hause fahren und die Hege mehr als eine Pflicht, die mit dem Recht zur Jagd verbunden ist. Wenngleich der eigene Jagdschein im letzten Jahr noch ein weit entfernter Wunsch zu sein schien, so ist die Kitzrettung für jedermann möglich, dachte ich mir und schloss mich der Rehkitzrettung Hattingen an. So konnte ich in über 40 Einsätzen für 27 Landwirte an der Entwicklung des kleinen Schalenwildes teilhaben. An den ersten Einsatztagen sind die Halme kaum länger als ein Gartenzwerg. Die frischen Kitze warten geduldig und friedlich eingerollt, in die Kiste mit einem weichen Bett aus frischem Gras gehoben zu werden. Am Ende der Saison bahnt man sich den Weg durch einen dichten Urwald, um in weiter Ferne die schon deutlich gewachsenen Kitze abspringen zu sehen, die nun keine Hilfe mehr benötigen. Doch dazwischen gibt es eine Phase, in welcher der Fluchtreflex langsam und zaghaft erwacht. In dieser Zeit sind die wenigen Sekunden, die das junge Tier noch wartet, bis es sich zur Flucht entscheidet, zu lang und die Maschine wäre schneller. Die Kitzretter, deren Arme weitaus kürzer sind als die Auslieger der Mähwerke, laufen in diesen Tagen besonders viele Kilometer und sind doch oft nicht schnell genug. In diesen Fällen fliegen wir mit der Drohne oft den Traktoren voran, um den Bauern vor wieder einwechselnden Kitzen zu warnen. Schlecht für die zahlreichen Folgetermine, denn morgens wird es immer wärmer und abends immer dunkler, beides ist der Drohnenarbeit abträglich. Schnell stand die Lösung fest: Ein Kescher muss her! Mit großer Vorsicht - ein erschlagenes Kitz wäre kein gerettetes Kitz - konnten so noch einige Tiere ohne stressiges Hochmachen gerettet werden. Und wer war stets der Doofe, der mit dem Kescher über die Wiese rannte? Der dicke, grüne Mann, der sich nach der Saison endgültig bekräftigt fühlte, den Jagdschein zu machen und vor wenigen Tagen die Jägerprüfung bestanden hat.
So heißt es also in dieser Saison: Dicker, grüner Mann rennt mit Kescher über die Wiese, das muss ein Jungjäger sein!
P.S.: In NRW gibt es keine Abschussplanung für Rehwild, es liegt im Ermessen der Jäger. Damit dies so bleibt, veröffentlichen wir - die Rehkitzrettung Hattingen e. V. - keine Zahlen über gerettete Kitze. Auch verzichten wir zum Wohl des ohnehin reichlich gestressten Wildtieres auf posierte Selfies. https://rehkitzrettung-hattingen.de/
P.P.S.: Dieser Bericht enthält bewusst kein Bild mit dem Kescher. Die Phantasie des Lesers soll angeregt werden! Wer es sich aber so gar nicht vorstellen kann, ist herzlich zum Besuch unserer Web- oder Facebookseite eingeladen.




