Frühmorgens zur Kitzrettung im Schwarzwald
Es ist 5:30 Uhr im südlichen Schwarzwald. Die Wiesen sind noch feucht vom Tau, Nebelschwaden ziehen zwischen den Waldrändern hindurch, und über den Hügeln kündigt sich langsam der Tag an. Gemeinsam mit ein paar Helfern treffen wir uns auf dem Hof – ehrenamtlich, mit Kaffeetasse in der Hand und Blick in den Himmel, ob das Wetter hält.
Der Landwirt hat am Vortag Bescheid gegeben: Heute soll eine größere Wiese gemäht werden. Rund acht Hektar, hohes Gras, viel Deckung. Wir stehen in engem Kontakt mit ihm, denn ohne diese Zusammenarbeit würde das alles nicht funktionieren.
Mit der Wärmebilddrohne starten wir gegen sechs Uhr. Die Technik zeigt schnell erste Treffer – doch nicht alles, was warm aussieht, ist ein Kitz. Ein Hase huscht davon, eine Geiß zieht vorsichtig am Waldrand entlang. Doch schließlich entdecken wir zwei klare, ruhige Wärmebilder – mitten in der Fläche, mehrere Meter voneinander entfernt. Zwei Kitze, wohl erst wenige Tage alt, tief ins Gras gedrückt.
Mit ruhigen Schritten gehen wir zu den Fundstellen, ausgestattet mit Gummihandschuhen und offenen Kisten. Die Kitze liegen regungslos, ganz auf ihren Schutzinstinkt vertrauend. Wir nehmen sie vorsichtig auf und setzen sie jeweils in eine vorbereitete Box, ausgelegt mit frischem Gras, belüftet, beschattet. Dort bleiben sie sicher, bis der Landwirt die Wiese einige Stunden später gemäht hat.
Erst danach setzen wir sie wieder aus – möglichst nah an dem Ort, wo sie gelegen haben, und in sicherem Abstand zur gemähten Fläche. Die Rückkehr der Ricke bekommen wir selten zu Gesicht. Meist bleibt dieser Moment verborgen. Aber wenn wir später noch einmal nachsehen und die Kiste leer ist, ohne Witterung, ohne Fährte, dann wissen wir: Die Natur hat übernommen. Die Ricke war da.
Solche Einsätze sind kein Spektakel. Es ist frühes Aufstehen, konzentriertes Arbeiten, und manchmal auch Warten. Aber sie zeigen, wie viel möglich ist, wenn Jagd, Landwirtschaft und Ehrenamt zusammenwirken. Und sie erinnern uns daran, warum wir das tun: aus Verantwortung für das Wild – und weil jeder gerettete Rehnachwuchs zählt.