Meine erste Jagd
Wer hätte gedacht, dass in meinem Alter noch möglich ist ein Jagdschein zu erwerben.
Eigentlich bin ich nicht besonders blutrünstig, wollte aber schon immer ausprobieren wie unsere Vorfahren ihre Familien eigenhändig ernährten und ließ mich auf ein Angebot eine Jagdschule zu besuchen ein. Und endlich, nach drei Monaten intensiver Schulung, zwei Wiederholungen bei einigen Prüfungen kommt es - meine erste Jagd. Anweisungen klar und präzise : Wir machen heute Wildschweinjagd, das ist deine Kanzel und ich bin ein paar hundert Meter weiter links. Jetzt sitze ich auf einer Kanzel und tauche in eine fremde Welt ein. Eine stille Dämmerung liegt mir zu Füßen, sogar kein Vogelzwitschern ist zu hören. Zuerst kommt Nebel. Einige Zeit passiert nichts und plötzlich tauchen in fünfzig Meter Entfernung mehrere Schatten auf. Lautlos bewegen sie sich um meine Kanzel herum und meine Hände zittern beim Umfassen der Büchse. Das sind bestimmt Wildschweine, die ersten, die ich zu Gesicht bekommen habe, aber warum, zum Teufel, sind sie so riesig? Sind die alle ausgewachsene Keiler? Habe ich etwa eine falsche Vorstellung gehabt oder sind die Wildschweine in Brandenburg so groß?
Hin und her gerissen erinnere ich mich an die erste Regel: erstmal muss man das Wild ansprechen und nur dann macht man den Finger krumm.
Die Schatten bewegen sich langsam weiter und meine Büchse bleibt unbenutzt.
Mein Mentor sitzt auf einer anderen Kanzel, einige hundert Meter weiter, aber von seiner Seite kommt auch kein Schuss und ich bin erleichtert.
Die wundersame Schatten waren Rotwild, welches ich nicht richtig ansprechen könnte.
Mein erstes Wildschwein bekam ich eine Woche später, diesmal gab es keine Zweifel.
Alex Goldberg